Montag, 27. Juli 2015

Kirchensonntag
Popfest Tag 4 in der Karlskirche: Fennesz/Chra/Squalloscope

Der österreichische Pop boomt. Vor nicht all zu langer Zeit, war es noch selten, dass ein mittelgroßes Festival ausschließlich von heimischen Acts getragen wird. Mittlerweile scheint das ja schon fast der Usus zu sein. Das Popfest leistet hierbei schon seit Jahren Pionierarbeit. Doch man bleibt innovativ: Neben einer Frauenquote von annähernd 50%, sind auch zahlreiche innovative Acts angekündigt. Von vielen Namen hat man noch nie gehört. Studierenoderso hat sich die vielversprechendsten Künstler angesehen.

 Chra
Die ersten beiden Acts in der Karlskirche, verlangen von den Zuhörern einiges ab. Fennesz und Chra sind bekannt für experimentelle Elektronik - nicht gerade die zugänglichste Musik. Das Schließen der Augen ist wohl die beste Strategie, um sich in den Sounds treiben zu lassen. Wer keinen Platz mehr auf den alten Kirchenbänken findet, setzt sich auf den Boden. Anscheinend wurden alle Zählkarten gebraucht, man sitzt schon dicht beisammen.


Christian Fennesz macht den Einstieg. Die für ihn charakteristischen, lauten Gitarrenklänge erschüttern die Karlskirche. Die Gitarre ist stark verzerrt, sie dient weniger als melodiöses Instrument. Viel eher schafft Fernnesz mit ihr eine Wand aus Noise. Die vielschichtigen Klänge summieren sich jedoch nicht einfach zu Lärm: Irgendwo sickert immer ein Piepsen oder eine Harmonie hindurch.

Fennesz

Man kann „Music for Airports“, Brian Enos Ambient- Klassiker, als „Musik zum weghören“ bezeichnen. Betrachtet man „Empty Airports“, die neue LP von Chra, stellt man fest: Hier ist es anders. Das ist Musik zum ganz konzentrierten hinhören. Man lässt sich von den gewaltigen Drones verschlingen. Anschließend versucht man zu erkennen, um welches Geräusch es sich, bei den feinen Nuancen der Klänge handelt. Es ist dann aber sehr schnell wieder vorbei. Um den Kopf auf eine Reise schicken zu können, ist zu wenig Zeit.


Squalloscope bringt uns dann zurück. Im Gepäck hat sie neben der akustischen Gitarre auch viele Effekte und einen Sampler mitgebracht. Damit arbeitet die Sängerin Anna Kohlweis, wie eine Alleinunterhalterin. Laufend wechselt sie zwischen Gitarrengeklimper und reduzierter Elektronik. Verzückungen liegen im Detail: Selten hört man ein Duett, dass jemand mit sich selbst und seiner herunter- gestimmten, männlichen Stimme singt. Die kreativen Arrangements befreien vom eintönigen Singer- Songwriter Klischee. „The reverb in these holy halls is like a long- lost friend“, singt sie im Lied „Big Houses“. Man merkt es, wenn die langen Reflexionen der Karlskirche Anna Kohlweis' Stimme zur Geltung bringen: Dieser Ort hat auf sie gewartet.

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