Kirchensonntag
Popfest Tag 4 in der Karlskirche: Fennesz/Chra/Squalloscope
Der österreichische
Pop boomt. Vor nicht all zu langer Zeit, war es noch selten, dass ein
mittelgroßes Festival ausschließlich von heimischen Acts getragen
wird. Mittlerweile scheint das ja schon fast der Usus zu sein. Das
Popfest leistet hierbei schon seit Jahren Pionierarbeit. Doch man
bleibt innovativ: Neben einer Frauenquote von annähernd 50%, sind
auch zahlreiche innovative Acts angekündigt. Von vielen Namen hat
man noch nie gehört. Studierenoderso hat sich die
vielversprechendsten Künstler angesehen.
Chra
Die ersten beiden
Acts in der Karlskirche, verlangen von den Zuhörern einiges ab.
Fennesz und Chra sind bekannt für experimentelle Elektronik -
nicht gerade die zugänglichste Musik. Das Schließen der Augen ist
wohl die beste Strategie, um sich in den Sounds treiben zu lassen.
Wer keinen Platz mehr auf den alten Kirchenbänken findet, setzt sich
auf den Boden. Anscheinend wurden alle
Zählkarten gebraucht, man sitzt schon dicht beisammen.
Christian Fennesz
macht den Einstieg. Die für ihn charakteristischen, lauten
Gitarrenklänge erschüttern die Karlskirche. Die Gitarre ist stark
verzerrt, sie dient weniger als melodiöses Instrument. Viel eher
schafft Fernnesz mit ihr eine Wand aus Noise. Die vielschichtigen
Klänge summieren sich jedoch nicht einfach zu Lärm: Irgendwo
sickert immer ein Piepsen oder eine Harmonie hindurch.
Fennesz
Man kann „Music
for Airports“, Brian Enos Ambient- Klassiker, als „Musik zum
weghören“ bezeichnen. Betrachtet man „Empty Airports“, die
neue LP von Chra, stellt man fest: Hier ist es anders. Das ist Musik
zum ganz konzentrierten hinhören. Man lässt sich von den gewaltigen
Drones verschlingen. Anschließend versucht man zu erkennen, um
welches Geräusch es sich, bei den feinen Nuancen der Klänge
handelt. Es ist dann aber sehr schnell wieder vorbei. Um den Kopf auf
eine Reise schicken zu können, ist zu wenig Zeit.
Squalloscope bringt
uns dann zurück. Im Gepäck hat sie neben der akustischen Gitarre
auch viele Effekte und einen Sampler mitgebracht. Damit arbeitet die
Sängerin Anna Kohlweis, wie eine Alleinunterhalterin. Laufend
wechselt sie zwischen Gitarrengeklimper und reduzierter Elektronik.
Verzückungen liegen im Detail: Selten hört man ein Duett, dass
jemand mit sich selbst und seiner herunter- gestimmten, männlichen
Stimme singt. Die kreativen Arrangements befreien vom eintönigen
Singer- Songwriter Klischee. „The reverb in these holy halls is
like a long- lost friend“, singt sie im Lied „Big Houses“. Man
merkt es, wenn die langen Reflexionen der Karlskirche Anna Kohlweis'
Stimme zur Geltung bringen: Dieser
Ort hat auf sie gewartet.
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